Das Jeans-Ökowashing der Gebrüder Stitch

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Es hat zwar gedauert, bis die Gebrüder Stitch Kalium-Permanganat und Hypochlorid aus ihrem Herstellungsprozess verbannen konnten, aber seit Anfang 2015 verzichtet man dort zur Gänze auf schmutzige Chemie im Finishing-Verfahren der Jeans! Charly Oberhofer, Oberwaschmeister bei Gebrüder Stitch und Christian Schimper, Biotechnologe, Berater und Gründer von Acticell, entwickelten gemeinsam den umweltfreundlichen Waschprozess.

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Das Öko-Washing läuft mit biologischen Enzymen ab, die die Fasern des Jeansstoffes auf sanfte Weise wandeln und den Hosen den finalen Look verpassen. Charly und Christian beantworten dazu ein paar Fragen:

Q: Wie sind die chemiefreien Washingprozesse für die Jeans entstanden?

Charly: Also, „chemiefrei“ sind die Prozesse ja nicht. Wir arbeiten an nachhaltigen, GOTS (Global Organic Textile Standard)-zertifizierbaren Lösungen für den Bereich Jeanswashing. Es war die Grundanforderung der Gebrüder, solche Prozesse zu entwickeln. Vor etwa vier Jahren nahmen wir Kontakt zu Christian auf. Er stand am Beginn einer Produktentwicklung und wir am Beginn einer Prozessentwicklung. Wir haben viel Zeit, speziell Nächte, gemeinsam damit verbracht, den Mythen und Legenden von Jeanswashing auf den Grund zu gehen. Das Zusammenspiel zwischen Christian als Wissenschaftler und mir als Textildesigner hat dabei sehr gut funktioniert. Er kennt die richtigen Mittelchen und Wässerchen aus dem Labor, um dahin zu kommen, wo ich das Design haben will. Im Umkehrschluss habe ich durch das tägliche Arbeiten mit den Hosen die nötige Erfahrung und kann ihm bei der praktischen Anwendung und Weiterentwicklung seiner Produkte helfen.


Christian:
Die Gebrüder Stitch waren unsere ersten Kooperationspartner. Da durften wir zum ersten Mal an richtige Jeans ran. Untertags haben wir im Labor neue Formeln entwickelt und in unseren zahlreichen Night-Sessions haben wir diese dann getestet. Wir haben viel voneinander gelernt zu dieser Zeit!

Q: Wie funktioniert die ökologische Bleichmethode?

Christian: Der Enzymwaschschritt ist der moderne „Stone-Wash“ und wird auf fast allen Hosen angewendet. Dabei lässt man spezielle Enzyme und noch ‚rohe’ Hosen gemeinsam in der Waschmaschine rumpeln. Die Enzyme sind biologische Moleküle, die in diesem Fall die Oberfläche der Jeans abschaben. Bisher konnte man den Enzymen aber nicht sagen, wo auf der Hose sie arbeiten sollen. Bei unserem Verfahren pinselt Charly vor der Enzymwäsche unser Produkt dort an, wo der „Used-Look“ gewünscht ist: z.B. auf den Schenkeln, Knien oder am Hintern. Unser Produkt ist eine auf Wasser basierende Lösung und zu 100% biologisch abbaubar. Dort, wo sie aufgetragen wurde, ändert sich die Struktur der Baumwolle so, dass die Enzyme schneller arbeiten können. Es wird eine Art „Negativ“ erzeugt. Und in der Waschmaschine arbeiten die Enzyme an diesen Stellen schneller und es wird das „Positiv“ – der gewünschte „Used-Look“ – erzeugt.

Q: Welche Vorteile bringt diese gegenüber herkömmlichen Bleichprozessen und werden die Jeans dadurch viel teurer?

Charly: Die Vorteile sind: Keine Schwermetalle oder ähnlich Böses im Abwasser sondern klärbares Abwasser und bessere Arbeitsbedingungen durch Betriebsmittel, die die Gesundheit des Arbeiters nicht gefährden. Wenn man auf den Bedarf der Industrie eingeht, wird der Endpreis wahrscheinlich nicht signifikant steigen, wenn überhaupt. Aber ich denke, wenn hier Umwelt und Gesundheit geschont werden können, dann sollte jeder bereit sein, etwas mehr zu zahlen.


Christian
Wir arbeiten daran, dass speziell in den Ländern, wo Jeans hergestellt werden, hoher Arbeitsschutz eingehalten und die Umwelt weniger belastet wird. Das ist momentan oft nicht der Fall. Das bisher gängigste Mittel – Kaliumpermanganat – ist ein starkes Oxidationsmittel. Es wird gesprüht und enthält Schwermetalle. Hier sucht die Industrie nach Alternativen. Ich denke, dass es bald zu einer Revolution kommen wird.

Q: Wer verwendet diesen Bleichprozess bis jetzt? Finden sich auch große Labels, die ihn verwenden wollen?

Christian: Ich darf leider keine Namen nennen, aber wir sind im Gespräch mit den größten und innovativsten Jeans-Labels auf der Welt. Und natürlich auch mit den Produzenten und Firmen, die Bleichchemikalien verkaufen. Wir haben einige Kunden in Europa, der Türkei, Südamerika und Indien, die kurz vor der Einführung in die Massenproduktion stehen.

Q: Was war das Schwierigste bei der Entwicklung der Methode?

Christian: Das Schwierigste war, das Verfahren und das Produkt so zu gestalten, dass es für die Massenproduktion tauglich ist. Es gibt in der Industrie Firmen, die 100.000 Hosen pro Woche produzieren. Das ist keine Seltenheit. Was im Labor oder in einem feinen Hosenlabor wie hier ganz einfach erscheint, kann in der Industrie eine Herausforderung darstellen, weil riesige Prozesse umgestellt werden müssen. Und wenn das Produkt (noch) nicht ganz so billig angeboten werden kann, dann braucht man Geduld …

Zu den Personen:

Charly Oberhofer begann 2008 am Modekolleg Herbststraße zu studieren und wurde 2011 Teil der Gebrüder Stitch Family. Er hatte bereits vor seiner Ausbildung großes Interesse an Jeans und arbeitete in der Jeansabteilung einer großen Modefirma. Mittlerweile hat er ein breites Aufgabenspektrum. Seine ursprüngliche Tätigkeit im Washing liegt ihm aber immer noch am meisten am Herzen.

Christian Schimper studierte Biotechnologie an der BOKU Wien und arbeitete an der Uni Innsbruck am Forschungsinstitut für Textilchemie. Dort war er mitverantwortlich für die Entwicklung des umweltfreundlichen Verfahrens, das mit biologischen Enzymen, zielgerichtet Jeans bleicht. Daraufhin gründete er sein eigenes Startup namens Acticell GmbH und arbeitet jetzt fieberhaft daran, die Bleich-Methode massentauglich zu machen.

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